Wicca, Pagan, Neu-Heidentum

Ursprung des heutigen Wicca
Wicca wird eine neuheidnische Religion genannt, da sie den alten pantheistischen Begriff für Götter und Göttinnen wiederbelebt. Wicca kehrt also zu einem vorchristlichen Begriff des Göttlichen zurück. Das heißt nicht, daß die Rituale die selben sind, die in vorchristlicher Zeit gefeiert wurden.
Die Ursprünge liegen zwar in ferner Vergangenheit, weitergegeben durch Folklore und familiäre Traditionen, doch die moderne Geschichte beginnt im Jahr 1951, als mit der Aufhebung des Gesetzes gegen die Hexerei in England (Witchcraft Act) die Menschen wieder offen über die „alte Religion“ sprechen konnten.
Gerald Brosseau Gardner, wurde 1939 von Dorothy Clutterbuck in den Wicca-Kult initiiert. Gadner selbst ist ein jüngerer Vertreter des Kults gewesen, der vor seiner Ini 30 Jahre lang dem Freimaurertum angehörte. In den Fünfzigern war es noch sehr schwierig, über Hexerei zu reden, man wurde schnell denunziert. Dennoch wollte Gardner alles veröffentlichen, nicht um Coven zu gründen, sondern der Welt wissen zu lassen, daß es den Hexenkult noch gibt (vermute ich). Dorothy, die Leiterin des New-Forest-Covens, wollte nicht, daß alles so schnell veröffentlicht werden sollte und riet ihm statt dessen, es in Form eines Historischen Romans zu schreiben. Den Roman High Magic’s Aid veröffentliche er 1949 unter seinem Hexennamen Scire („wissen“). Überhaupt wollte Dorothy den Kult nicht an die Öffentlichkeit tragen, doch nach ihrem Tode und nach der Abschaffung des Witchcraft Act, veröffentlichte er 1951 eine Arbeit zu diesem Thema und 1954 erschien Witchcraft Today, die erste moderne Darstellung des Wicca.
Trotz Angriffe seitens der Presse war das Interesse und die Nachfrage unerwartet hoch, Gardner soll mit Briefen überhäuft worden sein. Er traf sich auch mit einigen, die auf ihn vernünftig wirkten und von da an ging es immer weiter. Er erarbeitete die Rituale, mit Hilfe seiner Freunde wie Doreen Valiente, die die Grundlage des modernen Wicca bilden. Heute wissen wir, das er zu dem, was er über den alten Hexenkult wußte, auch einiges aus dem Freimaurertum hinzufügte.

Verbreitung
Der Wicca-Kult breitete sich schneller aus, als es sich Gardner vorstellen konnte. Doreen Valiente sagte in einem Interview 1997 mit Hag & Hexe, daß sie nie gedacht hätte, welches Ausmaß das annehmen würde. Sie glaubt, es ist nicht Gardners oder ihr Verdienst, sondern, daß es sich um eine Idee handelte, deren Zeit gekommen war.
Auf Hinblick des wachsenden Umweltbewußtseins, der Emanzipation (Frauen und Männer) und dem veralteten Bild, daß das Göttliche ausschließlich etwas männliches sei, denke ich auch, daß der Kult in seiner Form durchaus in unsere Zeit passt, wo vor allem viele (der westlichen Welt) ihren Zugang zum Göttlichen und der Natur suchen.
Heute ist Wicca vertreten in England, Holland, Dänemark, Norwegen, den USA und vereinzelt in Deutschland. Wahrscheinlich sind noch mehr Länder vertreten, doch darüber bin ich jetzt nicht informiert.
Hexerei an sich finden wir ja weltweit, wenn auch in vielen verschiedenen Ausführungen und Ansichten, oft der jeweiligen Kultur entsprechend. Auch wenn die Kulturen noch so unterschiedlich sind, die inneren Erfahrungen mit dem Geist der Natur, das Wissen um Tanz, Trance, Heilung und Lust sind überall ähnlich, wenn nicht sogar gleich.

Struktur
Die Mitglieder finden sich in einzelnen Coven zusammen, die 3 bis 13 Anhänger zählen. Meist wohnen die Anhänger eines Covens in der Nähe. Oft ist es aber auch so, daß Hexen und auch Nichtinitiierte von weiter weg bei Jahresfesten und größeren Feiern mit daran teilnehmen dürfen. Innerhalb eines Covens ist Offenheit und Vertrauen von äußerster Wichtigkeit, ebenso wie die Gleichberechtigung, egal bei welchem Initiationsgrad/ Erfahrungsgrad. Es wird von der Anzahl ein Ausgleich zwischen Frauen und Männern angestrebt, wobei das natürlich selten erreicht werden kann. Es gibt aber auch dianische Frauencoven.
In der Regel ist es oft so, daß ein Pärchen einen Coven gründet und leitet. Z.B.: wenn diese in einem „Lehr“-Coven vorher gelernt haben. Dies muß aber nicht so sein.
Das Menschen sich zu einem Coven zusammenfinden, ist auch schon die einzige Art der Organisation. Viele Hexen sind allein, treffen sich aber mit Gleichgesinnten bei gleichen Interessen. Gerade in Deutschland, da hier alle sehr verstreut und die Entfernungen groß sind.
Der Wicca-Kult ist, außer in Form von Covens, nicht organisiert. Die einzelnen Coven unterstehen niemanden.
Untereinander halten sie aber durchaus Kontakt und Austausch in Form von Netzwerken, oder durch Heidnische Verbände wie die europaweit bestehende Pagan Federation oder der in Deutschland existierende Steinkreis.

Rituale und Feste
Es werden acht Jahresfeste und wenn gewollt, die Mondfeste gefeiert. Heutzutage sind sie ein vortreffliches Werkzeug, sich selbst und der Natur näher zu kommen. Spirituelle Erfahrungen über die eigene innere Natur und der Umwelt lassen meist nicht lange auf sich warten. Desweiteren dienen die Rituale, Zauber zu zelebrieren, wobei die Energien durch die ganze Gruppe gelenkt werden und somit effektiver sind.
Genauer betrachtet ist Wicca einerseits eine Religion, und zum anderen ein Mysterienkult.
Als Religion wird die Göttin der Erde, des Leben und der Liebe und eines Gottes der Lust und jährlichen Lebenszyklen geehrt. Z.B.: in den acht Jahresfesten, wie bereits erwähnt. Zum anderen der Mysterienkult, bei dem die Schranken des Ego’s durch magische Praktiken überwunden werden, man eins wird mit Göttin und Gott. Wo man am geistigen Wachstum und Selbstvertrauen arbeitet sowie zaubern lernt. Sich den innersten Grundwesen der Dinge öffnet und erfährt, das ist es, worum es in diesem Mysterienkult geht.

Die Göttin und der Gott
Im Hexenkult findet man das Göttliche im Menschen und in der Natur selbst. Dazu braucht man keinen Vermittler, sondern nur den Zugang zu seinem Inneren. Der Geist des Göttlichen ist wie im Pantheismus, in Allem definiert und zu finden; alles ist Ausdruck des Geistes des Lebens. D.h.: das auch jegliche Materie beseelt ist, vom Geist des Lebens, der sich durch das Materielle selbst erfährt. Wir selbst sind Teil des Göttlichen, in einem Werdensprozeß, der uns seelisch reifen läßt. Denn es heißt (sinnbildlich), daß die Götter unsere Eltern sind, und wir ihre Kinder.
Im Wicca werden die göttlichen Kräfte der Erde, der Natur, der Lebensfreude und Liebe geehrt, die durch viele Namen angesprochen werden wie: Inanna, Isis, Astarte, Hekate, Kali, Diana, Demeter, Artemis, Ceridwen und viele mehr, je nach Charakter, persönlichen Bezug, Vorlieben oder was man für sein weiterkommen benötigt. Die belebenden Kräfte, die wir dem männlichen zuschreiben, werden oft mit den Namen Pan, Cernunnos, Herne, Wodan, Bachus, Tammuz, Dionysos oder Osiris angesprochen. Doch die Namen sind frei, denn auch sie stammten von Menschen, die die Kräfte benannten, mit denen sie Kontakt hatten. Je nach Kultur oder persönlicher Erfahrung. Sie sind deshalb als Tor zu einer (erwünschten) Kraft zu sehen.
Finden kann man „die Göttin“ nur in sich selbst, die eigene Seele ist der Schlüssel dazu, „denn wisse, das Du das, was Du suchst, niemals finden wirst, wenn Du es nicht in Dir selbst findest.“
Natürlich kann jede Frau den Gott und die Göttin in sich finden, wie auch jeder Mann die Göttin und den Gott in sich finden kann. Wir alle haben weibliche und männliche Anteile in uns. Gerade dieses Bewußtsein fördert die Ablösung des patriachalischen „nur“ Vater Gott zu einem umfassenderen Göttlichen Begriff, der die sogenannte weibliche Seite mit einbezieht. In vielen Köpfen wird diese weibliche Seite leider noch durch christliche Erziehung als unrein oder „böse“ bezeichnet, was natürlich auch auf die Menschen gemünzt wird. Durch Annahme beider Charaktere in uns, verändern und heilen wir uns selbst. Nicht nur die Frau emanzipiert sich und überwindet z.B. anerzogene Schuldgefühle, sondern auch der Mann emanzipiert sich dabei; er darf wieder zu sich selbst stehen, akzeptiert und nimmt seine männlichen Eigenschaften an bzw. darf ebenso Gefühle zeigen.
Die Kräfte, die Götter, nehmen uns jedoch nicht das Leben ab. Vielleicht helfen sie mal, wenn man sich in einer Sackgasse befindet, aber in der Regel müssen wir unser Leben selbst meistern, „sonst wäre es nichts wert“. Das schließt jedoch nicht aus, das man die Kräfte der Natur für seine Selbstverwirklichung nutzen kann. Sich dem Inneren zu öffnen, zieht immer ein Prozeß der Selbsterkenntnis und Einsicht in die innere Natur der Dinge mit sich.

Was Wicca nicht ist…
Wicca ist kein Satanismus; Satan ist Teil des Christentums, doch nicht des Paganismus. Wenn man den „Gehörnten“ anspricht, so handelt es sich hier um den Gott der Natur und um keinen Dämon. Unglücklicherweise diente Pan als Vorlage für den Teufel und so könnte der Begriff „Gehörnter“ mißverstanden werden.
Pagans beharren nicht darauf, im Gegensatz zu den drei großen Weltreligionen, daß ihr Weg der beste oder einzige sei. Es gibt viele Möglichkeiten, seinen Glauben zu leben, Zugang zum Göttlichen zu finden oder einfach nur glücklich zu sein, ich denke, es gibt so viele Wege, wie es Menschen gibt. Paganismus/ Wicca ist tolerant und respektiert, daß Mitmenschen eine andere Religion für sich als die richtige ansehen.
Wicca tritt nicht für schwarze Magie oder Tieropfer ein. Als zeitgemäßer Naturkult ist im Wicca ein Tieropfer undenkbar. Um sich selbst zu erkennen oder zu verwirklichen Bedarf es kein Tieropfer, eher etwas Mehraufwand an Eigeninitiative.
Wicca ist undogmatisch; Magie aus dem Bauch heraus kann man nicht vorschreiben. Und Rituale werden nach eigenen Vorstellungen angepasst.
Die Wicca-Coven sind keine Sekten. Jeder kann kommen oder gehen, je nachdem welcher Weg einem richtig erscheint.

Persönliche Anmerkungen
Wicca und das Neu-Heidentum haben sich inzwischen etabliert und werden sowohl in Funk- und Fernsehen, als auch bei vielen Menschen nicht mehr als absonderlich wahrgenommen. Obwohl bestimmt noch viele weitere Hürden zu nehmen sind, deutet sich die Entwicklung an in eine Richtung, die einen vorsichtig optimistisch in die Zukunft blicken lässt.

In den letzten Jahren, sind die Erd-religionen ein wenig mehr in den Hintergrund getreten, und die (einst) vielen Junghexen haben sich eher der Spiritualität zugewandt. Nichts desto trotz ist das auch ein Weg um die vielen Herausforderungen unserer Existenz zu meistern.

weiterführende Literatur:

Ein Gedanke zu „Wicca, Pagan, Neu-Heidentum“

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